Nach langer Wartezeit konnte die 15. Anthologie Fundstücke mit dem Titel „Meeresleuchten und frische Brise…“ erscheinen. Erstmalig wurden mit der Buchpräsentation die neuen Geschichten und Gedichte im Literaturhaus Schleswig-Holstein in Kiel vorgestellt. Die spannende und poetische Lyrik und Prosa handelt von der Seefahrt, von abenteuerlichen Begegnungen, Fernweh und Sehnsucht, Beobachtungen und Reisen, ob gruselig, traurig, verliebt, berührend, dramatisch oder märchenhaft und erheiternd über Seenlandschaft, Meer und Strand, mit dem Boot, auf einem See, ein Haus am Fluss oder besondere Erlebnisse in vielen Facetten sowie einige Texte in die niederdeutsche Sprache nach Erich Kästner und Goethes Faust I frei übertragen wurden.
Autorinnen und Autoren aus Schleswig-Holstein wie aus anderen Bundesländern haben über Liebe und Sehnsucht, Schmerz und Tod, sei es durch reales Erleben, den Klimawandel, über ungewohnte Auswirkungen der Corona-Zeit und Erinnerungen, traumhafte oder fiktive Geschehen, Legenden oder autobiografisch berichtet.
Einige kurze Leseproben:
Ein Hauch von Ruhe, Gleichmaß und Bedächtigkeit schwebte durch die
Häuserreihen. Lediglich das holprige Kopfsteinpflaster der Dorfstraße unterbrach
diese genormte Eintönigkeit mit einem feinen Ungehorsam: Es zwang die Fahrer
der Autos mit schöner Regelmäßigkeit zu unerwarteten Brems- und Ausweichmanövern.
Der Wind blies feinen Sand über die letzten Luft- und Sonnenhungrigen, Strand
und über leerstehende Strandkörbe. Ein Paar hüllte sich bei zunehmendem Wind in
ein Badetuch. Einige sammelten hastig Kleidung und Badesachen ein. Andere
flüchteten vor dem wehenden Sand, der sich fein überall am Körper festsetzen,
jucken und kratzig sein konnte. Der geübte Strandgänger meidet diese
Begleiterscheinung des Strandlebens, während einige den Strandbesuch im welligen, warm rieselnden Sand als wilde Ursprünglichkeit und naturbelassen genießen.
Es wurde Nachmittag. Die Sonne sank, und das Meer nahm den weichen Ton
flüssigen Goldes an. Anders als am Vortag und doch ähnlich schön regte sich der Wolkengeist. Sobald die Sonne unterging, würde er aufs Wasser niedersteigen.
Der Alltag des Reisens ist nie das Reisen im Alltag. Man ist die moderne Anstrengung
gewöhnt, von Höhepunkt zu Höhepunkt zu leben. Der Jet-lag ist passé, die Laune geliftet. Nehmen wir an, man liegt mittlerweile unter Palmen am Strand.
Der Horizont war eigentümlich leer, kein Schiff zu sehen. Tief sog sie die Luft ein.
Was Corona alles ändert, dachte sie. Aber der Klimawandel wird durch diese kurze
Auszeit auch nicht gestoppt und auch nicht das Auftauen der Permafrost-Böden.
Durch das Auftauen werden CO2 und Methan in großen Mengen freigesetzt werden.
Es gilt als einer der Kipppunkte bei der Erderwärmung, schreiben viele, eine tickende
Zeitbombe, die uns auch schon in den nächsten Jahren ereilen könnte, also noch
deutlich vor 2100. Entscheidungen mit Bezug zum Klima haben Auswirkungen auf viele zukünftige Leben, und jede einzelne bedeutet Verantwortung.
Der Wind peitscht Nadelstiche ins Gesicht. Wellen donnern und die Gischt liebkost
den Sand, hinterhältig, um ihn zu verschlingen. Blau-grau, Weiß, Zartgrün-gelb, Sandnebel. Alle Kräfte dieses Erde und wir mittendrin!
In diesem Land
wo jeder Schritt zum Rand
den Himmel weiter werden lässt
hat uns das Meer ein Angebot gemacht
und hat erahnen lassen
welche Kräfte blaue Weiten tragen
Nach all` den Jahren, in einem neuen Jahrhundert, sah ich mich durch einen Zufall,
geboren aus Langeweile und Nachdenklichkeit, mit der Vergangenheit meiner
Familie konfrontiert, die nicht wirklich vergangen, und die in mein Leben unerkannt hereingewachsen war.
Die Reise ging im Abendlicht an dem Feuerschiff »Elbe I« vorbei gen Norden,
Helgoland blieb an Backbord liegen. Zum Schluss hieß es, den Nord-Ostsee-Kanal
zu verteidigen. Gottlob wurde am 5.5.1945 Waffenruhe ausgerufen. Dann war der Krieg zu Ende
Aber jetzt nach und nach in den kommenden stillen Stunden erlebte er, wie die
Erinnerung sich erhob aus einer offenen Landschaft mit Haus und Garten und einem
großen still dahinfließenden Strom …